Meine Lehrmethode

Dialoge, Rollenspiele und Lernspiele werden im modernen Fremdsprachenunterricht vor allem dann eingesetzt, wenn natürliche Lernbereitschaft für aktives Lernen genutzt werden soll, das den Sprachlernenden Erfolgserlebnisse und Selbstvertrauen geben kann.

Das Sprachhandeln, der Sprechakt zwischen zwei Kulturen, steht deshalb im Mittelpunkt unserer Lernaktivitäten. Alltagssituationen können verstanden und verglichen, der Minimalwortschatz ohne Übersetzen erfasst  werden.

Interkulturelles Lernen im Sprachvergleich

Wer eine andere Sprache lernt, vergleicht den Sinn der Wörter mit den Entsprechungen der Muttersprache. Der hilflose Versuch wortwörtlich zu übersetzen ist ein Abtasten der anderen Sprache. Wird der Lernende vom Lehrenden in die Funktion der Zielsprache so eingeführt, dass er sich auf die neue Sprache und ihre Kultur einlassen kann, gelingt das interkulturelle Lernen. Es mag wichtig sein, Informationen über die Kultur der Lernenden zu sammeln, aber entscheidend ist allein der richtig genutzte Freiraum, den man dem Lernenden gibt. Redewendungen der Zielsprache können dann mit der Muttersprache verglichen werden, eine authentische interkulturelle Begegnung findet statt und Einwanderer lernen in der Reflexion ihrer eigenen Kultur die Kultur des Ziellands akzeptieren und später schätzen.

Manchmal führt der sprachliche Ausdruck dem erstaunten Lerner die ganz andere Ausformung desselben oder ähnlichen Gedankens in seiner eigenen Sprache vor Augen, über die er sich bisher nicht bewusst war (1), manchmal verrät die ganz andere Ausdrucksweise aber auch etwas über Temperament oder emotionale Grundstimmung des anderen Sprechers (2):       

Bsp. 1: German Ich esse (liebend) gern Blumenkohl. (Vgl. F)

           French J'aime bien le choufleur. (Vgl. G mag)

 English I like cauliflower. – I love cauliflower.

 Spanish  Me gusta el coliflor. – Me encanta el coliflor.

Spanisch me encanta (= G ‚mich entzückt’) und englisch love (= G ‚ich liebe’) steht also dem deutschen liebend gern und dem französischen liebe sehr gegenüber.

Bsp. 2: G (Ich glaube,) ich habe mich (ein bisschen) verliebt.

           E I fell (desperately) in love.

           S  ¡Me enamoré!

Im Bsp. 2  fällt die grundverschiedene Ausgestaltung der Kernaussage G Ich bin verliebt, E I’m in love, S Estoy enamorado auf: im Deutschen klingt es wie ein Unfall, im Englischen wie unabwendbare Passion und auf Spanisch mit starkem Wortakzent nach enthusiastischer Zuwendung (vgl. G ‚Ich habe mich bis über beide Ohren verliebt!’).   

Die folgenden Konventionen im Sprachvergleich öffnen Lernenden die Augen für sprachliche Gepflogenheiten in der Zielsprache:

(1)       G Ich trinke lieber Kaffee.

E I prefer tea.

S Prefiero café.

 In vielen Sprachen ist ‚bevorzugen’ geläufig. Das deutsche Verb ‚bevorzugen’ wird in diesem Kontext aber kaum gebraucht. Es würde arrogant klingen.

(2)       G Isst du gern Fisch?

            E Do you like fish?

            S  ¿Te gusta el pescado?

Englisch und Spanisch kennen ‚gern’ zwar (with pleasure/con gusto), benutzen es so aber nicht. Spanisch wird gustar (G schmecken) vorgezogen (vgl. ‚Schmeckt dir der Fisch?’).

(3)       G Möchtest du noch ein Stück Apfelkuchen?

E Would you like another piece of apple cake?

S Quieres otro pedazo de quiche de manzana? (vgl. otro und alter)

Deutsch ‚noch ein’ wird in romanischen Sprachen mit ‚anderes’ (=weiteres; lat. alter), wiedergegeben. Die unzulässige Gleichsetzung quiche=Apfelkuchen ist ein willkommener Anlass für ausführlichen Kulturvergleich: Von der Kurzbeschreibung bis zum Rezept ist alles gefragt, was gefällt.

(4)    G Greif doch zu, bitte!

E Please help yourself.

S ¡Sirvete, por favor!

Im Vergleich werden die verschiedenen Aktionen sichtbar. Wenn er die Bedeutung von ‚greifen’ erfragt, erfährt der Lernende zunächst mehr über die Ausdrucksweise der Zielsprache, dann denkt er über diejenige seiner Muttersprache nach.

Man könnte sich die Frage stellen, warum man Deutsch nicht ‚Bediene dich!’ sagt oder Englisch ‚Get it.’ Für den Vergleich regionaler Ausdrucksweisen im Kulturvergleich mag die Frage interessant sein, für den Spracherwerb ist sie nicht entscheidend. Für die Lernenden ist die Reflexion der Ausdrucksweise in ihrer Muttersprache aufschlussreich und die Erklärung der Ausdrucksweise in der Zielsprache hilfreich beim Spracherwerb.

 

 

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